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Juan Filloy
Der argentinische Schriftsteller Juan Filloy ist zwar inzwischen schon „entdeckt“ – der auf meine Anregung vom Tropen Verlag veröffentlichte Roman „Op Oloop“ stieß bei der Kritik auf großes Lob und stand im Oktober 2002 auf Platz 5 der SWR-Bestenliste –, doch es gibt noch viel mehr zu entdecken!
Juan Filloy (1894-2000) war ein Exzentriker, wie er im Buche steht. Der Sohn eingewanderter Krämer, die kaum lesen und schreiben konnten, veröffentlichte seine ersten Werke in den 1930er Jahren in kleinen Privatauflagen und verschickte sie persönlich, vom argentinischen Provinzstädtchen Río Cuarto aus, wo er bei Gericht tätig war. Es waren sieben an der Zahl, jedes mit einem Titel aus sieben Buchstaben versehen. Die Bücher überraschen noch heute durch ihre Modernität, die stilsichere Eleganz kombiniert mit derber, wirklichkeitsgetreuer Umgangssprache und einem Sprachwitz, der sich auch noch der ausgefallensten Vokabeln bedient.
Besonders zur Übersetzung zu empfehlen sind die Romane „Caterva“ (Gammler) und „¡Estafen!“ (Betrügt!). „Caterva“ (1937) folgt einer Bande von sieben Landstreichern durch die Provinz Córdoba, die mit gestohlenem Geld Anarchisten bei ihren politischen Aktionen unterstützt, aber auch dem Vater eines Kleinkindes helfen, der seine Frau verloren hat. Zu guter Letzt decken sie eine Verschwörung auf, die die Eroberung der La-Plata-Länder durch die Nazis zum Ziel hat. Politisch und sozial kämpferisch, skurril und berührend im Inhalt, sprachlich dem Volk genau auf den Mund geschaut. „¡Estafen!“ (1932) war Juan Filloys erster Roman und spielt in dem Ambiente, das er aus seinem Berufsalltag bis ins kleinste Detail kannte: Gefängnis und Justizsystem. Mit viel Humor, aber auch klarer Gesellschaftskritik, erzählt Filloy die Erlebnisse eines edelmütigen Betrügers, der seine Tricksereien auch im Gefängnis fortsetzt und alle um den Finger wickelt. Laut Einschätzung des Autors sehr viel unterhaltsamer als „Felix Krull“!
Neben diesen beiden Romanen und „Op Oloop“ gehören zu Filloys Hauptwerk aus den 30er Jahren die Gedichtbände „Balumba“ (1933, Mischmasch) und „Finesse“ (1939), sowie „Periplo“ (1931, Schiffsreise), der aphoristische Bericht von einer Schiffsreise nach Europa und in den Nahen Osten, und „Aquende“ (1935, Jenseits), eine poetisch-historisch-geographische Reise durch Argentinien.
Der Tradition mit den Titeln aus sieben Buchstaben blieb Filloy bis an sein Lebensende treu: insgesamt umfasst sein Werk über 40 Titel. Wichtige Bücher sind „La Potra“ (1967, Die Stute), Auftaktroman der „Saga Nativa de los Ochoa“, die in mehreren Romanen und Kurzgeschichten das Geschick verschiedener Mitglieder der Gaucho-Familie Ochoa erzählt; „Vil&Vil“ (1976, Schändlich&Schändlich), eine Militärsatire, die in der Zeit der Diktatur konfisziert wurde; „L’ambigú“ (1982, Das Bankett), Filloys Rundumschlag gegen den Literaturbetrieb in Form eines Dialogs zwischen dem Kritikerehepaar Elvira und Elvirus; und schließlich „Karcino“ (1989), eine Sammlung mehrerer tausend Palindrome, Filloys besonderes Steckenpferd.
Juan Filloy wurde mit vielen literarischen Ehrungen ausgezeichnet; „Op Oloop“ und „Caterva“ sind ins Holländische übersetzt, die Übertragung derselben Werke ins Englische erfolgt gerade.
Übersetzung und Veröffentlichung der abgedruckten Auszüge und Fotos erfolgen mit freundlicher Genehmigung der Erben von Juan Filloy, Córdoba, Argentinien.